Bau- und Immobilienrecht

Möglichkeiten der Mieter und Pächter von Geschäftsräumlichkeiten bei Schliessung infolge COVID-19

Patrick Greuter / 20.3.2020

Recht auf Mietzinsreduktion

Die wichtigste Frage dürfte wohl sein, ob dem Vermieter weiterhin der Mietzins für das gemietete Objekt geschuldet ist. Unsere Nachbarländer haben für den Pandemiefall teilweise bereits im Gesetz spezielle Regelungen aufgenommen. So sieht § 1104 des AGBG von Österreich folgendes vor:

«Wenn die in Bestand genommene Sache wegen außerordentlicher Zufälle, als Feuer, Krieg oder Seuche, großer Überschwemmungen, Wetterschläge, oder wegen gänzlichen Mißwachses gar nicht gebraucht oder benutzt werden kann, so ist der Bestandgeber zur Wiederherstellung nicht verpflichtet, doch ist auch kein Miet- oder Pachtzins zu entrichten.»

In der Schweiz fehlt eine solche spezielle Regelung im Mietrecht (noch). Ebenso hat der Bund bis anhin keine staatliche Unterstützung zugesichert, für Mietzinszahlungen trotz Umsatzausfall.

Damit bleibt es vorderhand beim Grundsatz «pacta sunt servanda», d.h. dass rechtsgültig geschlossene Verträge einzuhalten sind und demnach der vertraglich geschuldete Mietzins auch bezahlt werden muss. Auf keinen Fall darf ohne Rücksprache mit dem Vermieter einfach der Mietzins nicht mehr bezahlt werden, da der Mieter oder die Mieterin ansonsten eine Zahlungsverzugskündigung riskiert.

Glücklich können sich diese Mieter und Mieterinnen schätzen, welche einen Mietvertrag abgeschlossen haben, bei welchem der Mietzins von der Höhe des Umsatzes abhängig ist. Ob die Mietzinse Ihres Geschäfts an den Umsatz gekoppelt ist, entnehmen Sie Ihrem Mietvertrag. Wenn Sie einen solchen Mietvertrag abgeschlossen haben, ist zurzeit nur die Grund- oder Basismiete geschuldet.

Bei allen anderen Geschäftsmieten halten einige Stimmen in der Lehre nun dafür, dass aufgrund der behördlichen Schliessung der Geschäfte die Mietsache einen schweren Mangel im Sinne des Gesetzes aufweist, was zu einer Mietzinsreduktion auf null berechtige (Claude Roy, Mietrecht für die Praxis, N 11.4.4.2). Die Rechte des Mieters bei einem Mangel an der Mietsache bestehen (mit Ausnahme des Schadenersatzanspruches) nämlich unabhängig davon, ob der Vermieter oder die Vermieterin am Mangel ein Verschulden trägt oder nicht.

‍Es empfiehlt sich somit für Mieter und Mieterinnen, der Vermieterin den möglichen Mangel noch formell anzuzeigen und eine Mietzinsreduktion auf null zu verlangen, da der Anspruch auf eine Mietzinsreduktion grundsätzlich erst ab dem Zeitpunkt besteht, ab welchem der Vermieter (durch den Mieter) Kenntnis von einem Mangel erlangt.

Allenfalls ist es auch möglich, mit dem Vermieter eine Stundung der Mietzinszahlung zu vereinbaren, wenn dieser nicht zu einer Mietzinsreduktion bereit ist.

Ob bei einem allfälligen Rechtsstreit die Gerichte dies in der vorliegenden Situation auch so sehen, ist zurzeit noch offen. Es gibt nämlich genau so stimmen in der Lehre, welche der Meinung sind, dass eine behördliche Betriebsschliessung grundsätzlich den Risikobereich des Mieters oder der Mieterin betreffe und demnach keinen Mangel des Mietobjekts darstelle.

 

Kündigung des Mietverhältnisses

Sehen Sie sich ausserstande, die Mietzinszahlungen weiter zu leisten, stellt sich die Frage, auf welchen Zeitpunkt gekündigt werden kann. Diesbezüglich ist auf Art. 266g OR hinzuweisen, welcher vorsieht, dass aus wichtigen Gründen, welche die Vertragserfüllung unzumutbar machen, das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist (Art. 266b/f OR) auf einen beliebigen Zeitpunkt gekündigt werden kann (Art. 266 l/n OR, Art. 271a Abs. 3 OR).

Über die vermögensrechtlichen Folgen dieser ausserordentlichen Kündigung hat danach ein Richter zu entscheiden. Ob diese Regelung bereits jetzt greift oder aber die «Coronakrise» zuerst noch zu einer schweren Rezession führen muss, bevor man sich auf diesen Gesetzesartikel berufen kann, ist derzeit auch noch nicht abschliessend geklärt.

 

Professionelles Vorgehen wichtig

Wer seinen Vermieter zu Konzessionen veranlassen will, sollte sich gut auf die Verhandlungen vorbereiten. Auch der Vermieter wird sich bereits jetzt Gedanken dazu machen, wie er auf allfällige Mietzinsreduktionsbegehren der Mieterinnen und Mieter reagieren will.

Gerade für verschiedene Branchen muss der Einzelfall geprüft werden, um eine Einschätzung darüber abgeben zu können, ob ein Begehren um Mietzinsreduktion Erfolg haben könnte.

Wir unterstützen Sie gerne bei einem allfälligen Begehren um Mietzinsreduktion, weitergehenden Abklärungen und Durchführung von eventuell anstehenden Vergleichsgesprächen.

(Stand: 20. März 2020)

Zum Autor

Patrick Greuter

MLaw, Rechtsanwalt

zum Profil