Strafrecht

Verkehrsregelverletzung – Warum Sie sich frühzeitig wehren sollten

Marcel Strehler / 14.6.2025

Eine Verkehrsregelverletzung kann schnell weitreichende Konsequenzen haben – nicht nur strafrechtlich, sondern auch verwaltungsrechtlich. Viele Betroffene sind sich jedoch nicht bewusst, dass bereits im Strafverfahren entscheidende Weichen für einen möglichen Führerausweisentzug gestellt werden. Wer den Sachverhalt bestreitet, sollte nicht abwarten, sondern frühzeitig aktiv werden. In diesem Beitrag werden die beiden parallelen Verfahren beleuchtet und erklärt, warum frühes Handeln entscheidend ist.

Zwei Verfahren – zwei unterschiedliche Ziele

Nach einer Verkehrsregelverletzung leiten die zuständigen Behörden in der Regel zwei separate Verfahren ein:

  1. Strafverfahren: Hier geht es um die strafrechtliche Sanktion (z.B. Busse, Geldstrafe, allenfalls Freiheitsstrafe), die sich nach Strafgesetzbuch (StGB) oder dem Strassenverkehrsgesetz (SVG) richtet.
  2. Administrativverfahren (Verwaltungsverfahren): Parallel dazu prüft das Strassenverkehrsamt, ob eine administrative Massnahme angezeigt ist, etwa ein Führerausweisentzug, eine Verwarnung oder eine Anordnung zur verkehrsmedizinischen bzw. verkehrspsychologischen Abklärung (Fahreignungsabklärung).

Wichtig: Diese Verfahren sind formell unabhängig voneinander – tatsächlich beeinflussen sie sich aber erheblich.

Der entscheidende Punkt: Sachverhaltsfeststellung im Strafverfahren

Das Strafverfahren kommt in der Regel zuerst zum Abschluss. Die Verwaltungsbehörde (Strassenverkehrsamt) übernimmt in der Praxis häufig den Sachverhalt aus dem Strafentscheid. Wird der Sachverhalt im Strafverfahren nicht bestritten, gilt er für das Verwaltungsverfahren grundsätzlich als verbindlich – selbst wenn Zweifel bestehen.

Das bedeutet konkret:

  • Wer im Strafverfahren beispielsweise einen Strafbefehl ohne Einsprache hinnimmt, akzeptiert damit auch den festgestellten Sachverhalt.
  • Dieser Sachverhalt bildet dann die Grundlage für die administrative Massnahme – etwa die Dauer eines Führerausweisentzugs oder die Anordnung einer verkehrsmedizinischen bzw. verkehrspsychologischen Fahreignungsabklärung.


Fazit: Frühzeitig handeln – auch wenn es «nur» eine Busse ist

Wer mit dem Sachverhalt nicht einverstanden ist – sei es bei der Geschwindigkeit, dem Abstand, der Fahrweise oder den Umständen – sollte bereits im Strafverfahren Einsprache erheben oder rechtliche Beratung einholen. Denn nur so besteht die Chance, den Sachverhalt richtigzustellen und sich in beiden Verfahren wirksam zu verteidigen.

Ein verspäteter Einwand im Verwaltungsverfahren nützt meist nichts mehr. Dort wird es oft nur heissen: «Der Sachverhalt ist bereits rechtskräftig festgestellt worden.»

Empfehlung für Betroffene:

  • Nehmen Sie Strafbefehle nicht vorschnell hin, wenn Sie den Vorwurf bestreiten möchten.
  • Suchen Sie frühzeitig juristischen Beistand, insbesondere bei schwerwiegenden Vorwürfen.
  • Behalten Sie beide Verfahren im Blick – das Strafverfahren beeinflusst das Verwaltungsverfahren unmittelbar.

Wer sich frühzeitig wehrt, schützt nicht nur sein Portemonnaie, sondern oft auch seinen Führerausweis – und damit seine berufliche und persönliche Mobilität.

Bei Fragen oder Unsicherheiten lohnt sich eine Beratung durch eine auf Strassenverkehrsrecht spezialisierte Anwältin oder einen Anwalt – oft kann eine frühzeitige Intervention durch einen Spezialisten viel Ärger ersparen.

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Marcel Strehler

MLaw, Rechtsanwalt

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