Die Folgen eines Unfalls im Strassenverkehr
Ein Verkehrsunfall bringt für alle Beteiligten Unannehmlichkeiten und eine Reihe von Pflichten. In diesem Beitrag finden Sie einige wichtige Hinweise.
1. Strafverfolgungsbehörden (Polizei und Staatsanwaltschaft)
Der Unfallrapport der Polizei mit den dazugehörenden Unterlagen wird im Falle einer Verzeigung an die zuständige Behörde (Staatsanwaltschaft oder Übertretungsstrafbehörde) überwiesen. Die Strafuntersuchung wird von der Staatsanwaltschaft oder der Übertretungsstrafbehörde geleitet. Danebst prüft das Strassenverkehrsamt in seinem separaten Verfahren, dem sog. Administrativmassnahmeverfahren, den Erlass von Administrativmassnahmen wie z.B. Führerausweisentzug.
2. Strafantrag
Die bei einem Verkehrsunfall verletzten Personen (Opfer) haben das Recht, innerhalb von drei Monaten gegen die für die Verletzung verantwortliche Person (Täter) Strafantrag einzureichen. Im Falle einer schweren Körperverletzung wird der Täter von Amtes wegen, d.h. auch ohne Vorliegen eines Strafantrages, verfolgt. Die Polizei hat die geschädigte Person über das Strafantragsrecht zu informieren. Der Strafantrag kann innert der Antragsfrist von drei Monaten jederzeit gestellt und zu einem späteren Zeitpunkt auch wieder zurückgezogen werden. Ein Verzicht auf das Stellen eines Strafantrages ist jedoch endgültig. Vor der Abgabe einer Verzichtserklärung ist es daher – insbesondere bei unklaren Sachverhalten – sinnvoll, sich rechtlich beraten zu lassen.
3. Opferhilfe
Bei Verkehrsunfällen mit Personenschaden kann das Opferhilfegesetz zur Anwendung kommen. Die Polizei informiert Opfer über die Möglichkeiten, Bedingungen sowie Beratungsstellen. Weitere Informationen zur Fachstelle Opferhilfe Thurgau finden Sie unter www.benefo.ch
4. Orientierung der Motorfahrzeug-Haftpflichtversicherung
Informieren Sie ihre Motorfahrzeug-Haftpflichtversicherung über den Vorfall möglichst zeitnah.
5. Ausländisches Motorfahrzeug
Ist ein Motorfahrzeug mit ausländischen Kontrollschildern am Unfall, den Sie in der Schweiz oder in Liechtenstein erlitten haben, beteiligt, können Sie sich mit der Auskunftsstelle des Nationalen Versicherungsbüros Schweiz (NVB), Postfach, 8085 Zürich (Gratis-Telefon 0800 831 831) in Verbindung setzen. Diese gibt Auskunft darüber, bei welcher Stelle in der Schweiz Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden können. Je nach Vereinbarung wird die Angelegenheit durch eine Versicherungsgesellschaft oder ein spezialisiertes Schadenregulierungsunternehmen im Namen des NVB abgewickelt.
6. Abschleppen und Sicherstellen von Fahrzeugen
Stark beschädigte Fahrzeuge werden im Auftrag von Ihnen oder der Polizei vom Unfallplatz abtransportiert. Für Ermittlungen und Untersuchungshandlungen können die Fahrzeuge sichergestellt werden. Die Verkehrsabgaben wie auch die Versicherungsprämie bleiben dabei weiterhin geschuldet. Wünschen Sie einen Unterbruch, müssen die Kontrollschilder beim zuständigen Strassenverkehrsamt deponiert werden.
7. Nicht versicherte oder nicht ermittelte Fahrzeuge (Führerflucht)
Ist ein nicht versichertes oder nicht ermitteltes Fahrzeug am Unfall, den Sie in der Schweiz oder in Liechtenstein erlitten haben, beteiligt, ist der Schadenfall mit allen bekannten Angaben unverzüglich dem Nationalen Garantiefonds (GGF) zu melden. Dabei ist eine Bestätigung beizubringen, dass ein Polizeirapport erstellt worden ist. Die Meldung kann über die Auskunftsstelle des Nationalen Versicherungsbüros Schweiz (NVB), Postfach, 8085 Zürich (Gratis-Telefon 0800 831 831) erfolgen.
8. Ansprüche gegenüber dem Unfallverursacher
Heilungskosten
Heilungskosten sind die Kosten, die für die medizinische Behandlung der verletzten Person entstehen (z.B. Arzt- und Spitalbehandlungen, Physiotherapie). Die Rechnungen für die Heilbehandlung sind der Unfallversicherung oder – falls diese für die Kosten nicht aufkommt – der Motorfahrzeug-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers einzureichen.
Lohnausfall
Ein allfälliger Lohnausfall oder eine Einkommenseinbusse wegen des Unfalls (das Unfalltaggeld beträgt nur 80% des Lohnes) ist von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers zu übernehmen.
Genugtuung
Die Frage, ob eine Genugtuung, umgangssprachlich auch Schmerzensgeld, geschuldet ist, ist abhängig von folgenden Faktoren:
– Sind durch den Unfall bleibende körperliche oder seelische Schäden entstanden?
– Führte der Unfall zu einer bleibenden Einschränkung (beruflich und/oder privat)?
– Dauer des Heilungsprozesses und Schmerzausmass?
Weitere Schäden und Kosten
Weitere Schäden und Kosten, die nicht von der Unfallversicherung übernommen werden, sind gegenüber der Motorfahrzeug-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers geltend zu machen. Hierzu zählen beispielsweise folgende Positionen: Beschädigte Kleidung, Haushaltsschaden, Kosten für Kuren oder Therapieformen (Massagen, etc.), Auslagen und Aufwände von Familienmitglieder für Pflege und Betreuung. Hierzu empfiehlt es sich, von Beginn an eine detaillierte Schadenliste zu führen und sämtliche Belege aufzubewahren.
9. Fristen
Nebst der dreimonatigen Frist für das Stellen eines Strafantrages ist die dreijährige Verjährungsfrist der Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche aus Unfällen mit Motorfahrzeugen, Fahrrädern und Motorfahrrädern gemäss Strassenverkehrsgesetz gegenüber dem Schadenersatzpflichtigen zu berücksichtigen.